Heute muss ich selber erst noch auf die Karte sehen, wo ich gerade sitze und schreibe, aber ich muss irgendwo nördlich außerhalb Boston sein. Aber von vorne.
Um 5:30 war für mich die Nacht vorbei. Aber darüber war ich heute nicht einmal böse. So nah am Meer wollte ich den Sonnenuntergang über dem Meer genießen. Ausgesucht hatte ich mir dafür einen Platz an einem Leuchtturm. Cape Code Light oder Highland Light genannt, steht dieser an einer Steilküste mit einer tollen Sicht aufs Meer. An die Abbruchkante und das Meer selber konnte ich hier nicht, da wohl die Gefahr besteht, dass, durch Erosion beansprucht, der Boden nachgibt und ins Meer rutscht.
George Washington persönlich beauftragte den Bau eines Leuchtfeuers an dieser Stelle 1797. Erst war er aus Holz, später aus Stein. Richtig interessant fand ich aber, dass er nach 130 Jahren, im Jahr 1996, landeinwärts versetzt wurde, da die Gefahr bestand, dass er auch irgendwann über die Kante stürzt. 18 Tage hat es gedauert, das Gebäude 140 Meter landeinwärts zu bewegen.
Mir persönlich hat die Umgebung sehr gut gefallen, der Leuchtturm ist eingebettet in einen richtigen 9 Loch Links-Golfplatz, auf dem ich gerne auch eine Runde oder zwei gespielt hätte. Da so früh aber noch niemand spielte, habe ich mir zumindest als Souvenier einen Aus-Ball mitgenommen, den ich dort gefunden habe.
Cape Cod Light von der Meerseite aus gesehen. |
Der Leuchtturm vom Abschlag Loch 8. |
Der Sonnenaufgang in der Nähe des Leuchtturms. |
Etwas weiter südlich bin ich dann ein weiteres Mal an das Meer gefahren. Zu sehen war hier nicht viel besonderes, aber hier errichtete Guglielmo Marconi eine Sendestation, um die erste transatlantische Kommunikation, am 18. Januar 1903 zu ermöglichen. Ein Gespräch des englischen Königs Edward VII mit dem amerikanischen Präsidenten Theodore Roosewelt. Auf englischer Seite stand die Sendestation in Cornwall.
Heute, etwa 115 Jahre später stand ich an der selben Stelle und versendete Nachrichten und Bilder in die ganze Welt. Die Funkstation wurde irgendwann sich selber überlassen, korrodierte und stürzte ein und heute ist eigentlich nichts mehr davon zu sehen.
Neben der Marconi-Site gibt es einen kleinen, eine Meile langen, Wanderweg, den ich dann noch gelaufen bin, in der Hoffnung, etwas des vorabendlichen Burgers wieder abzutrainieren.
Die Küste. |
Zugang zum Strand. |
Der Wanderweg. |
Dann ging es weiter in den Süden und ich bekam einen guten Eindruck davon, dass hier nicht die ärmsten Amerikaner wohnen. Jede Bucht liegt voll von kleineren und größeren Schiffen und an meinem nächsten Ziel, Hyannis Port, gab es keine Möglichkeit für einen Normalsterblichen zu parken oder an der Küste spazieren zu gehen. Vielleicht wäre es gegangen, wenn jemand mein Auto so lange immer um den Block gefahren hätte.
Warum ich hier halten wollte? Hier steht das Anwesen der Familie Kennedy, hier haben John F. und seine Geschwister ihre Jugend verbracht. Leider hatte ich keine Chance, irgendwo ein Foto davon zu machen, aber auf der Fahrt dorthin gab es einen kurzen Blick auf die ganze Pracht dieses Baus, der direkt am Meer steht.
In der Stadt Hyannis war dann aber ein Museum, welches John F. Kennedy gewidmet ist, dass ich dafür dann besucht habe. Es war vor allem eine Fotoausstellung des persönlichen Fotografen der Familie und zeigt auch sehr viel von Jacqueline, seiner Frau und seinem Bruder Robert.
Die Ausstellung war jetzt nicht wirklich uninteressant, aber ob sie ihr Geld wert war, da bin ich mir noch nicht sicher.
Vor dem JFK Museum in Hyannis. |
Nach dem Aufenthalt in Hyannis habe ich die Halbinsel Cape Cod wieder verlassen und nun die allgemeine Richtung geändert. Von nun an wird es eine Weile immer grob nordwärts gehen und bald sollte dann das erste große Ziel meiner Tour erreicht sein. Boston.
Auf dem Weg dahin wurde es aber dann Mittag und ich recht hungrig und für die Mittagspause habe ich mir Plymouth ausgesucht.
Hier dreht sich alles um den Plymouth Rock, einen Felsen, um den hier ein Gebäude errichtet wurde und zu dem die Touristen nur so strömen, weil dies der Ort sein soll, an dem die Pilgerväter auf der Mayflower zum ersten Mal Land betreten haben sollen. Nun wird es etwas verwirrend, so etwas habe ich doch schon gestern über Provincetown geschrieben. Bei einem Parkranger, der Stein gehört, wie alle historischen Orte der USA zur Nationalparkverwaltung und wird von ebensolchen Parkrangern beaufsichtigt, habe ich dann mal nachgefragt und was ich mitgenommen habe ist folgende Geschichte.
Eigentlich wollten die Pilgerväter auf der Mayflower nach Virginia, haben aber in Provincetown Land betreten, da man sich etwas missorientiert hatte. Hier hat man mit einem Indianerstamm einen Vertrag abgeschlossen, das Land zu besiedeln, dann aber beschlossen, doch nach Virginia aufzubrechen. Der Versuch wurde aber sehr schnell wieder aufgegeben, da an Bord viele schwach oder krank waren und so ging man ein zweites erstes Mal in Plymouth an Land und siedelte sich dort an.
Unweit des Plymouth Rock ist ein Sarkophag, in dem alle Gebeine der 104 Passagiere liegen sollen, die das erste Jahr der Besiedlung nicht überlebt haben. Die Namen sind auf einer Seite des Sarkophags eingraviert.
Daneben steht die Statue eines Indianerhäuptlings, welcher sich der Pilgerväter angenommen haben soll und ihnen Nahrung und Schutz geboten hat. Das müsste dann die Geschichte sein, die die Amerikaner jedes Jahr zu Thanksgiving feiern.
Das Gebäude um den Plymouth Rock. |
Der Plymouth Rock im Sand. |
Der Sarkophag zu Ehren der ersten verstorbenen Pilger. |
Die Statue des Indianerhäuptlings. |
Nach einem kleinen Stadtrundgang und einem Mittagessen stand die weitere Planung an. Wohin nun?
Nach Bosten möchte ich erst morgen fahren. Die Hotelpreise schrecken mich dann doch sehr ab und ich möchte zwar zwei Tage, aber nur eine Nacht dort verbringen. Die Preise sind teurer als vor zwei Jahren mein Aufenthalt in Manhattan. Allgemein ist New England sehr teuer. Die Motelpreise sind im Schnitt doppelt so teuer, als sie es in den Südstaaten waren.
Daher machte ich den Plan, die Umgebung von Boston abzugrasen und morgen früh nach Boston zu fahren.
Ziel des Tages sollten die kleinen Ortschaften Lexington und Concord werden, welche nordwestlich außerhalb von Boston liegen und welche eine wichtige Rolle in der Geschichte der USA spielen.
Bevor ich aber dazu komme, kam noch ein kleiner Zwischenhalt in Foxborough.
Nun möchte ich die Leser aber gerne in die Geschichte entführen, bevor die Vereinigten Staaten die Vereinigen Staaten wurden. Auf meiner letzten Reise hier war ich ja schon in Philadelphia und habe die Independence Hall besucht und vieles über deren Erklärung gehört. Bevor es aber dazu kam, kam es erst zu einer Revolution. Wie so oft in der Geschichte ist die Frage müßig, was gewesen wäre, wenn diese Gescheitert wäre.
Wir schreiben das Jahr 1775. Genau den 19. April des Jahres. Und wir befinden uns hier.
Die North-Bridge über den Concord-River bei Concord.
Genau genommen liegt Concord in unserem Rücken und über die Brücke, welche nicht mehr Original ist, sondern ein Nachbau, führt eine wichtige Handelsroute von Boston aus landeinwärts.
Schon seit einer Weile gibt es viele amerikanische Siedler, die unzufrieden sind damit, wie die englische Krone die neuen Kolonien regiert. Man ist zwar bereit Steuern zu zahlen, aber man möchte dafür auch ein Mitspracherecht, eine Vertretung in der Britischen Regierung Übersee bekommen, was ihnen aber verweigert wird. Statt dessen werden erste Steuern erhoben, um die britischen Truppen zu bezahlen, welche zum Schutz der Siedler hier stationiert wurden.
Steuern sollen erhoben werden auf Dinge wie Zucker und Tee, was die Kolonisten nicht akzeptieren wollten, ohne ein Mitspracherecht. So kommt es zur Boston Tea Party, bei der Schiffladungen von Tee in den Hafen von Boston geworfen werden, wodurch die englische Krone Maßnahmen gegenüber den Kolonien beschließt. In Boston werden 4000 Soldaten stationiert und die Stadt unter totale Kontrolle gebracht. Die Kolonisten müssen sich zurückziehen und beschließen, all ihre Waffen in Concord zu verstecken. Concord bekommt seine wichtige Rolle alleine dadurch, dass es weit genug vor Boston liegt, um nicht unter direkter Kontrolle zu stehen, aber nah genug, um die Stadt zu erreichen. Es bedarf eines Marsches von ca. 6 Stunden für die Strecke.
Nicht alle Siedler sind zu dieser Zeit Separatisten. Viele sind Loyal gegenüber der Krone. Das spaltet die Bevölkerung nicht nur, beide Seiten sind auch immer bestens Informiert über die jeweils andere Seite und so erfährt der Kommandant der Rotröcke, der englischen Soldaten ganz genau, wo in Concord welche Waffen versteckt sein sollen und er sendet eine Truppe von 400 Mann aus, am Abend des 18. November, mit einer regelrechten Einkaufsliste, wo welche Waffen zu finden sind.
Die Truppen zu sammeln und über einen Fluss zu schiffen, um auf die Straße nach Concord aufzubrechen dauert jedoch seine Zeit und es wird 2 Uhr nachts, bevor die Truppe losmarschiert.
In der Zwischenzeit ritten Paul Revere, William Dawes und ein dritter Reiter nach Lexington und Concord, um die Milizen dort zu alarmieren. Schließlich bekommt man mit, was in der Stadt vor sich geht.
Die Milizionäre nennt man auch die Minute Men, weil sie innerhalb eine Minute ausgerüstet sein müssen und Milizionäre sind alle Männer zwischen 16 und 60, sofern sie nicht an einer Universität studieren oder Geistliche sind.
Alarmiert verstecken die Anwohner von Lexington und Concord alle Waffen oder ziehen sie weiter westlich zurück, damit sie nicht gefunden werden und die Milizen sammeln sich an der oben gezeigten Brücke auf westlicher Seite. Dort ist eine Anhöhe von der man die Brücke und dahinter Concord überblicken kann.
Aussicht von der Anhöhe auf die Brücke. |
Wenn ihr denkt, man sieht nicht viel, aufgrund der Bäume. Richtig, damals war das aber nicht so, Bäume wurden zum Bauen von Häusern oder als Heizmaterial genutzt, so dass damals kein größerer Baum in der Gegend stand.
Die britischen Truppen erreichen nach Sonnenuntergang Lexington und Teilen sich in drei Gruppen auf, welche die Orte durchsuchen und die Waffen einsammeln, bzw. anderes Material, welches die Separatisten gegen sie verwenden könnten verbrennen sollten. Etwa 120 kommen zu der Brücke und etwa 30 bis 40 überqueren sie unter den Blicken der Miliz, um eine Farm auf der anderen Seite zu durchsuchen, welche Kanonen beherbergen soll.
Während sich immer mehr Milizionäre auf dem Hügel versammeln, nach und nach wurden alle Orte im Inland in Alarm versetzt, sehen sie irgendwann Rauch in Concord aufsteigen und müssen vermuten, dass die Armeen den Ort in Brand stecken. Die Wahrheit ist jedoch, die Truppen haben ein Feuer angezündet, um Munition und Waffen zu vernichten, welche man nicht mit nach Bosten zurück transportieren konnte oder wollte. Dabei gerät eine benachbarte Scheune in Brand und man versuchte diesen Brand sogar zu löschen und die Scheune zu retten.
Die Milizen wissen das nicht und wollen nun den Ort retten. Mittlerweile sind 400 von ihnen auf dem Hügel versammelt und nähern sich nun der Brücke. 80 Soldaten stehen 400 Separatisten gegenüber, die ganze Nacht wach und müde vom marschieren. Sie wissen ja nicht, dass die Miliz den Befehl hat, nicht zu schießen, bevor auf sie geschossen wurde und sie haben auch nicht vor, diesen Befehl zu missachten, sondern hoffen, dass die Armee sie passieren lässt. Das passiert aber nicht, es fallen erste Warnschüsse ins Wasser und kurz darauf fallen zwei Separatisten, getroffen von der anderen Seite der Brücke. Nun darf man zurückschießen und es fallen zwei britische Soldaten, bevor der Rest sich dann zurückzieht.
Die ersten Schüsse des Unabhänigkeitskrieges, der Revolution, sind gefallen. Die Briten ziehen sich entlang der Straße nach Boston immer weiter zurück und mehr und mehr Milizonäre folgen ihnen und geben Schüsse ab. Heute wissen wir, dass die Revolution erfolgreich war und es 15 Monate später zur Unabhängigkeitserklärung der Kolonien von der britischen Krone kam.
Für mich war der Ort sehr informativ, denn ich traf dort auf Emily. Eine Parkrangerin, die diese Geschichte hier interessierten Gruppen erzählen soll, ich aber der Einzige war, der zum 15:30 Uhr Termin erschienen ist und sie all dies exklusiv erzählt hat, was ich sehr nett fand.
Auf der Ostseite der Brücke ist ein Grab für die beiden erschossenen britischen Soldaten. |
Auf der Westseite ein Denkmal zu Ehren der Minutemen. |
Von Emily bekam ich dann noch den Tipp, bis 16:15 Uhr an der Hartwell Tavern zu sein, da dort eine Vorführung im Gebrauch der Musketen statt finden sollte.
Dort angekommen stellte ich erst einmal fest, dass eine Taverne nicht unbedingt mit einer Bar im heutigen Sinne vergleichbar ist. Tavernen in der damaligen Zeit waren eher Raststätten, wo Reisende sich verpflegen konnten, wo Treffen abgehalten wurden oder wo man die Nacht verbracht hat, bevor man weiter reiste. Die Hartwell Taverne lag allerdings nicht in einer Stadt, sondern war eine kleine Raststation für Bauern, die ihr Vieh oder ihre Waren nach Boston auf den Markt bringen wollten.
Es gab nur eine kleine Bar, einen Raum, in dem gegessen wurde und alle Reisenden schliefen auf dem Boden in einem Raum im Obergeschoss. Draußen gab es Koppeln, auf denen das Vieh verpflegt werden konnte. Die beispielsweise Rinder sollten ja immer noch im schlachtreifen Zustand auf dem Markt ankommen. Daher legte man auch nie mehr als 6 Meilen pro Tag zurück.
Hartwell Tavern. |
Der Weg Richtung Lexington. |
Der Weg nach Concord. |
Der Speiseraum in der Taverne. |
An der Taverne angekommen, traf ich auf zwei Ranger, welche sich als Milizionäre verkleidet und ausgerüstet haben und an mehreren Terminen den neugierigen Besuchern etwas über diesen Platz erzählen und die Benutzung einer Muskete demonstrieren.
Diese Demonstration bekam ich dann auch hier ganz exklusiv, da wieder außer mir niemand hier war.
Es bedarf 14 Schritte, eine solche Muskete abzufeuern und wenn man gut ausgebildet war, schaffte man einen Schuss alle 20 Sekunden.
Außerdem wurde mir jedes Detail der Ausrüstung erklärt, aber damit mag ich hier nicht auch noch langweilen. Wer mehr darüber wissen mag, darf mich aber gerne mal anschreiben oder direkt fragten.
John, der schießende Parkranger. |
Zum Abschluss des Tages habe ich dann noch ein kleines Museum besucht, welches in einem Haus untergebracht ist, das damals dem Schriftsteller Ralph Waldo Emerson gehört hat, bevor ich mir dann ein Motel in der Umgebung gesucht habe.
Das Motel liegt zwischen zwei Straßen, drei Tankstellen, einer Autowaschstraße und einem McDonalds und es gibt nichts ansehnliches außerhalb des Gebäudes. Dafür ist es innen aber recht hübsch und das Zimmer bisher das beste meiner Reise.
Das Haus von Ralph Waldo Emerson. |
Sein Arbeitszimmer. |
Eine Muskete, ein Schwert und ein Pulverhorn. |
Der Innenhof des Hotels mit Pool. |
Mein Zimmer für die Nacht. |
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